Arnold Schölzel
Foto: Christian Ditsch / Version
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In Stuttgart führt der Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler ein strenges
Regiment. Er ist Chef der »politischen« Abteilung seiner Behörde, der er
seit 30 Jahren dient. Damals tummelten sich in bundesdeutschen
Amtsstuben noch immer allerhand Leute, die ihre Berufslaufbahn in der
Nazijustiz, im Reichssicherheitshauptamt oder im Auswärtigen Amt
Ribbentrops begonnen hatten. Herr Häußler sorgt für Kontinuität.
Das bewies er, als er kürzlich das Verfahren gegen ehemalige SS-Männer
einstellte, die 1944 an einem Massaker im italienischen Dorf Sant’Anna
di Stazzema beteiligt waren. 560 Menschen waren von ihnen ermordet
worden. Auch die Justiz Italiens brauchte bis 2005, um zehn Angeklagte
zu verurteilen. Damit bestand aber, wie die Hamburger Rechtsanwältin
Gabriele Heinecke jüngst gegenüber der Stuttgarter Wochenzeitung Kontext
erklärte, auch in der Bundesrepublik »Anklagereife«. Strafverfolger
Häußler aber hatte weiteren Untersuchungsbedarf – bis jetzt. Denselben
Herrn Häußler bezeichnet Kontext als einen Mann, der »den
Vorschlaghammer führt« – bei der Spaltung Stuttgarts in Gegner und
Befürworter von »Stuttgart21«, vor allem aber bei der Verfolgung von
Opfern des »Schwarzen Donnerstag«, der brutalen Prügelattacke der
Polizei am 30. September 2010. Wer sich gegen einen Strafbefehl wehrt –
es sollen bis zu 4500 sein –, für den plädiert das Häußler-Amt vor
Gericht regelmäßig auf harte Urteile.
Nichts Neues also: Der
Feind steht links – im weitesten Sinn. Demokraten, Pazifisten,
Sozialisten, Kommunisten, die Grundrechte in Anspruch nehmen, werden mit
Eifer verfolgt. Mit der Verwicklung von Polizei, Geheimdiensten und
Innenbehörden in die Mordserie des »Nationalsozialistischen Untergrunds«
ist allerdings etwas Neues hinzugekommen: Wer die meisten der etwa 180
Morde durch Neonazis seit 1990 in der Bundesrepublik kaltschnäuzig als
nicht politisch motiviert betrachtet, der hat auch mit den zehn Opfern
des »Nationalsozialistischen Untergrunds« keine große Beschwerden. Er
leugnet, erinnert sich nicht, schreddert und läßt von »Pannen«,
»Versagen« und »Versehen« schreiben. Und gründet, wie in dieser Woche
geschehen, ein »Gemeinsames Extremismus- und Terrorabwehrzentrum«. Mit
dem ausdrücklich Linke gejagt werden sollen.
Am 12. Januar 2013
wird sich die Podiumsdiskussion der Rosa-Luxemburg-Konferenz ab 18 Uhr
in der Berliner Urania unter dem Titel »Der Feind steht links« mit der
Analyse dieser Situation und mit politischen Schlußfolgerungen befassen.
Zugesagt haben bisher Gabriele Heinecke, die Publizistin Susann
Witt-Stahl, Patrik Köbele (DKP) und Bodo Ramelow (Die Linke). Wir laden
jetzt schon herzlich dazu ein.