Sänger von »Banda Bassotti« auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz. Bald wieder Tour durch den Donbass. Gespräch mit Gian Paolo Picchiami
Sänger von »Banda Bassotti« auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz. Bald wieder Tour durch den Donbass. Gespräch mit Gian Paolo Picchiami
Ihre Band »Banda Bassotti« hat im Herbst eine Tour durch Russland und den Donbass gemacht, jetzt ist die zweite geplant. Warum ausgerechnet diese Region?
Wir unterstützen die Menschen im Donbass, in Noworossija. Wir sind Kommunisten und Arbeiter – dort aber werden Kommunisten und Arbeiter von Faschisten umgebracht. Und die wiederum werden von den Kapitalisten aus den USA und der EU unterstützt.
Im Donbass kämpfen ganz normale Menschen gemeinsam gegen den Faschismus. Diese Menschen haben es auch satt, im Dienst der Oligarchen und der Kapitalisten zu stehen, seien sie aus den USA oder sonstwo her. Sie wollen in ihrem Land selbst bestimmen und selbst über den Rohstoffreichtum des Landes verfügen. Den haben sich bislang immer andere angeeignet.
Die Massenmedien in Europa berichten wenig über die dortige Situation, und wenn doch, werden mehr Lügen als Wahrheiten verbreitet. Dem wollten wir mit unserer Tour etwas entgegensetzen, an ihr haben sich Menschen aus Spanien, Griechenland und anderen Ländern beteiligt. Schon bei der Organisation hatten wir Unterstützung bekommen, etwa aus Mexiko, Venezuela, aber auch den USA. Wenn alles gutgeht, werden wir zum 9. Mai, dem Tag des Sieges, wieder dorthin fahren; der Premierminister der Volksrepublik Lugansk hat uns eingeladen.
In der Volksrepublik Donezk ist die Kommunistische Partei nicht zur Wahl zugelassen worden, »Banda Bassotti« tritt aber offen mit kommunistischen Symbolen auf. Wie sind die Menschen dort damit umgegangen?
Die Bevölkerung hat darauf sehr positiv reagiert. Viele haben verstanden, was dort früher geschehen ist und was heute dort vorgeht. Sie wollen nicht einfach die Sowjetunion zurück haben, sondern suchen etwas Neues. Sie wollen gemeinsam etwas aufbauen, das sich politisch durchaus an der Sowjetunion orientiert. In den Volksrepubliken gibt es viele Kommunisten.
Es gibt auch Auseinandersetzungen innerhalb der Volksrepubliken, immer wieder wird auch von rechten Tendenzen berichtet.
Die Rechten, die Kiew unterstützen, sind wohl nicht mehr da. In den Volksrepubliken gibt es verschiedene Kräfte und auch gelegentliche Konflikte – aber nicht um ideologische Fragen. Man findet dort zum Beispiel Nationalisten, die an der Seite der Kommunisten kämpfen; die ganze Bevölkerung hält dort zusammen – von Professoren bis hin zu Kriminellen. In Gesprächen habe ich mehrfach die Aussage gehört: »Wir sind die ersten, die wieder angefangen haben, gegen den Kapitalismus in dieser Region der Welt zu kämpfen.« Die europäischen Internationalisten sollten analysieren, was dort passiert, sie sollten aber auch verstehen, dass dort etwas Einzigartiges geschieht.
Welche Auswirkungen hat der Krieg auf die Bevölkerung?
Es ist dort sehr viel zerstört worden. Schlimm ist es in den Dörfern, die in ukrainischer Hand sind und die zuvor die Milizen und Kämpfer unterstützt haben. Die Lebensbedingungen sind sehr schlecht. Zwar versuchen die Menschen, die Lage zu normalisieren, aber der vereinbarte Waffenstillstand wurde nicht eingehalten. Die ukrainischen Verbände bombardieren einfach weiter. Dabei attackiert diese Faschistenbande normalerweise nicht direkt die Milizen, sondern geht gegen die Zivilbevölkerung vor, gegen Frauen, Kinder und Alte. Sie beschießt vor allem die Infrastruktur – etwa Krankenhäuser oder Schulen.
Wie sieht in dieser Situation das kulturelle Leben im Donbass aus? Sie haben dort schließlich Konzerte gegeben.
Es gibt immer noch ein kulturelles Leben, doch angesichts der ständig präsenten Trauer ist es schwierig, es aufrechtzuerhalten. Es herrscht schließlich Kriegszustand. Fast in jeder Familie ist jemand gefallen.
Am Samstag spielen Sie auch auf der Rosa-Luxemburg-Konferenz. Was erhoffen Sie sich von dem Konzert?
Wir wollen mit den Menschen aus Deutschland und hoffentlich aus vielen anderen Ländern sprechen und uns mit ihnen über Noworossija austauschen. Das ist uns sehr wichtig, und wir sind sehr froh, dass wir eingeladen worden sind.
Erschienen in der Tageszeitung junge Welt vom 9. Januar 2015
Dokumentation sämtlicher Beiträge der XX. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz vom 10.Januar 2015
Beiträge u.a. von: Oskar Lafontaine, Radhika Desai, Alex Rosen, Sharon Dolev, Hans Modrow
70 Seiten; 3,60 Euro
Zu bestellen im jW-Shop
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Radhika Desai, Ökonomin, Universität Manitoba, Kanada (Foto: privat)
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Otto Köhler, Publizist (Foto: christian-ditsch.de)
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Hans Modrow, eheml. DDR-Ministerpräsident, Vorsitzender des Ältestenrates der Partei Die Linke (Foto: Hans Modrow)
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Oskar Lafontaine, Politiker und Publizist (Foto: Christian Ditsch)
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Peter Mertens, Vorsitzender der Partei der Arbeit Belgiens (PVDA/PTB) (Foto: PTB)
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Willy Wimmer, Politiker, ehem. Vizepräsident der OSZE (Foto: CDU/CSU)
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Sharon Dolev, Gründerin und Direktorin der Regionalen Friedens- und Abrüstungsbewegung in Israel (Foto: privat)
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Dota Kehr (Die Kleingeldprinzessin) mit Jan Rohrbach und Special Guests (Foto: Sophie Krische)
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Gian Paolo »Picchio« Picchiami, Sänger der italienischen Band Banda Bassotti (Foto: Banda Bassotti)
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The Pokes, Berlins No. 1 Folkpunk-Band (Foto: The Pokes)
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Iwan Rodionow, Chefredakteur von RT Deutsch, Russland (Foto: Screenshot Youtube)
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Linn Washington, Journalist, USA (Foto: privat)
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Mumia Abu-Jamal, Journalist, politischer Gefangener (USA) (Foto: jW-Archiv)
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Rolf Becker, Schauspieler (Foto: jW)
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Volker Hermsdorf, Journalist, jW-Autor (Foto: privat)
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