Gesine Lötzsch
* Im Rahmen der diesjährigen von jW veranstalteten
Rosa-Luxemburg-Konferenz diskutiert Linskpartei-Vorsitzende Gesine
Lötzsch am 8.Januar ab 18 Uhr im Urania-Haus mit Katrin
Dornheim (Betriebsratsvorsitzende bei der DB Station &Service
AG), Inge Viett (radikale Linke), Bettina Jürgensen
(Vorsitzende der DKP) und Claudia Spatz (Antifa Berlin) zum Thema
»Wo bitte geht’s zum Kommunismus? Linker Reformismus
oder revolutionäre Strategie– Wege aus dem
Kapitalismus«. Informationen unter: www.rosa-luxemburg-konferenz.de
Thomas Edison soll gesagt haben: »Ich bin nicht gescheitert.
Ich habe nur 10000 Wege gefunden, die nicht funktionieren.«
Was für ein großartiges Selbstbewußtsein! Wie
viele Wege haben die Linken gefunden, die nicht funktionierten?
Waren es 100 oder 1000? Es waren bestimmt nicht 10000! Das ist
genau das Problem! Wir sind zu oft mit dem Finger auf der Landkarte
unterwegs. Die Wege zum Kommunismus können wir nur finden,
wenn wir uns auf den Weg machen und sie ausprobieren, ob in der
Opposition oder in der Regierung. Auf jeden Fall wird es nicht den
einen Weg geben, sondern sehr viele unterschiedliche Wege, die zum
Ziel führen. Viel zu lange stehen wir zusammen an
Weggabelungen und streiten über den richtigen Weg, anstatt die
verschiedensten Wege auszuprobieren. Zu lange laufen wir auf Wegen,
obwohl wir ahnen oder gar wissen, daß sie nicht zum Ziel
führen. Doch wir kehren nicht um, weil wir Angst vor denen
haben, die immer noch diskutierend an der Weggabelung stehen und
uns mit höhnischem Gelächter empfangen könnten. Wir
müssen lernen, Sackgassen zu verlassen und sie nicht
ambitioniert als Wege zum Kommunismus zu preisen.
Fortschreitende Machteroberung
Egal, welcher Pfad zum Kommunismus führt, alle sind sich
einig, daß es ein sehr langer und steiniger sein wird. Warum
eigentlich? Angenommen, der Euro geht als Währung in den
nächsten zwei Jahren unter, die Europäische Union
zerbricht, die USA kommen nicht aus der Wirtschaftskrise und fallen
bei den nächsten Präsidentschaftswahlen in die Hände
von radikal-fundamentalistischen Christen. Das Klima verändert
sich dramatisch, der Golfstrom kühlt ab, die
Flüchtlingsströme überrennen die »Festung
Europa«, und wir werden gefragt, ob wir für diesen
verworrenen Problemhaufen eine Lösung haben. Wer behauptet,
daß er für dieses Szenario eine Strategie in der
Schublade hat, der ist ein Hochstapler. Was wir anbieten
können sollten, ist eine Methode für den Umgang mit
solchen Problemhaufen. Wir wissen gar nicht, ob die Mechanismen der
Wohlstands- und Verteilungsdemokratie der Bundesrepublik geeignet
sind, solche komplexen Aufgaben zu lösen und friedlich
abzuarbeiten. Ich habe da meine Zweifel. Die Regierung verbreitet
schon jetzt nur noch Kompetenzillusionen. Allerdings sehe ich auch
die Linken noch nicht wirklich gut gerüstet, wenn es um die
Bewältigung von Gesellschaftskrisen geht. Doch beim
Schattenboxen sind wir in der Lage, unseren eigenen Freunden
schwere Verletzungen zuzufügen. Manchmal – nicht immer
– hilft ein Blick in die Geschichte, um sich selbst zu
befragen: Wie hättest du unter den gegebenen Bedingungen
reagiert? Sind wir heute eigentlich wirklich schlauer? Haben wir
wirklich aus unseren Fehlern gelernt?
Die Novemberrevolution von 1918 wurde verraten und halbiert in den
Absprachen zwischen Mehrheitssozialdemokratie und der kaiserlichen
Armee, bevor sie überhaupt ihr ganzes Potential entfalten
konnte. In jenen wenigen Wochen, den knappen drei Monaten zwischen
Entlassung aus dem Gefängnis und Ermordung, hat Rosa Luxemburg
all ihre Kraft und Leidenschaft, Erfahrung und Wissen in die
Waagschale geworfen, um zu verhindern, daß sich das Fenster
zu einer radikalen sozialen und demokratischen Umwälzung
wieder völlig schloß. In dem Maße, wie klar wurde,
daß ein sozialistisches Deutschland nicht unmittelbar
durchsetzbar war, suchte sie nach Möglichkeiten, zumindest
bestimmte Optionen linker Politik offenzuhalten. Gemeinsam mit Karl
Liebknecht und der revolutionären Linken kämpfte sie
gegen die unheilige Allianz der rechten sozialdemokratischen
Führer mit den Stützen des Kaiserreichs, mit den
Hauptschuldigen von Krieg und Völkermord. Und zugleich
appellierte sie nahezu verzweifelt an jene, die sich dem
Linksradikalismus – dieser »Kinderkrankheit des
Kommunismus« (Lenin) – zuwandten, nicht die Chancen,
die auch in der Defensive und der Niederlage noch gegeben waren,
ungenutzt verstreichen zu lassen.
Luxemburg und Liebknecht forderten die Teilnahme an den Wahlen zur
Nationalversammlung und vor allem entwickelten sie in der
programmatischen Erklärung »Was will der
Spartakusbund« ein Sofortprogramm, das einen
sechsstündigen Höchstarbeitstag genauso einschloß
wie die Sozialisierung der Banken und der Großindustrie,
Enteignung des Großgrundbesitzes und die Bildung von
Genossenschaften, die Schaffung von Betriebsräten, die die
Leitung der Betriebe übernehmen sollten. In ihrer Rede auf dem
Gründungsparteitag der KPD zum Programm und zur politischen
Situation, als schon klar war, daß an eine unmittelbare
Machtübernahme nicht zu denken war, formulierte sie als
Hauptweg sozialistischer Politik: »So soll die Machteroberung
nicht eine einmalige, sondern eine fortschreitende sein, indem wir
uns hineinpressen in den bürgerlichen Staat, bis wir alle
Positionen besitzen und sie mit Zähnen und Nägeln
verteidigen. Und der ökonomische Kampf, auch er soll nach
meiner Auffassung und der Auffassung meiner nächsten
Parteifreunde durch die Arbeiterräte geführt
werden.«
Revolutionäre Realpolitik
Was hier durch Rosa Luxemburg in der konkreten Situation einer
unvollendeten Revolution und der absehbaren Defensive formuliert
wurde, ist eine Politik, die sie selbst »revolutionäre
Realpolitik« nannte – ausgehend von den dringenden
Nöten der Arbeiter und großer Teile der Bevölkerung
soll an Lösungen gearbeitet werden, die deren Lage
spürbar verbessern und zugleich zu einer strukturellen
Veränderung der Eigentums- und Machtverhältnisse
führen. Es sollen Tagesfragen beantwortet und Kapitalismus und
Militarismus zurückgedrängt werden mit dem Ziel, diese
schließlich zu überwinden. Der Weg dahin sollte vor
allem durch das eigene demokratische Handeln der Arbeiter, des
Volkes geprägt sein, durch Lernprozesse in der praktischen
Veränderung. Es sollte weniger eine Politik für die
Arbeiter als durch sie sein. Für mich steht linke Politik
insgesamt und die Politik der Partei Die Linke in dieser
herausfordernden Tradition gesellschaftsverändernder,
radikaler Realpolitik.
Ich weiß natürlich, daß eine solche radikale
Realpolitik die Austragung von Widersprüchen und Konflikten
einschließt, uns Veränderung und Selbstveränderung
abverlangt. Das ist nicht einfach. Nicht ein Entweder-Oder von
grundlegender Gesellschaftsentwicklung einerseits oder konkreten
Reformschritten andererseits führt zum Erfolg. Die organische,
lebendige Verknüpfung von eigenem Wirken der Bürgerinnen
und Bürger, sozialen Bewegungen und Initiativen und dem Wirken
linker Parteien in Parlamenten oder Regierungen, von Protest und
Gestaltung, macht den Unterschied aus, auf den es ankommt.
Die Partei Die Linke ist entstanden aus dem Widerstand der
damaligen PDS gegen einen marktradikalen Weg der Vereinigung, den
Jugoslawien-Krieg der NATO und die Hartz-IV-Reformen, gegen die
sich vor allem in den neuen Bundesländern eine Welle von
Montagsdemonstrationen erhob. Und sie ging hervor aus dem Bruch
vieler linker Gewerkschafter, linker akademischer Kräfte mit
der Regierung von SPD und Grünen, der zur Gründung der
Wahlalternative Arbeit und Soziale Gerechtigkeit (WASG)
führte. Gemeinsam haben wir bei den Wahlen 2005 die soziale
Frage und die Friedensfrage wieder in das Zentrum der Politik
gerückt und 2009 parlamentarisch gestärkt als neue Partei
konkrete Antworten auf die Krise des Finanzmarktkapitalismus
formuliert.
Die Partei Die Linke war die einzige, die gemeinsam mit
Gewerkschaften und sozialen Bewegungen von links die Eigentumsfrage
gestellt hat. Während erst die CDU/CSU und SPD-Regierung und
dann die schwarz-gelbe Regierung den Staat nur genutzt haben, um
das Vermögen einer kleinen Minderheit zu vermehren, haben wir
ein konkretes Programm für einen ganz neuen Finanzsektor
vorgelegt. In dessen Zentrum stehen öffentliche Banken und
Versicherungen, die nicht der Spekulation und Kapitalakkumulation,
sondern realer Investition, sicheren Spareinlagen und langfristiger
sozialer Sicherheit verpflichtet sind. Wir haben die Umwandlung
aller staatlichen Finanzhilfen für die private Wirtschaft in
Anteile der öffentlichen Hand bzw. der Belegschaften an diesen
Unternehmen gefordert, um so die öffentlichen und
Belegschaftsinteressen »hineinzupressen« in das
bürgerliche Eigentum. Wir haben Überlegungen der
Gewerkschaften aufgegriffen und eigene Vorstellungen entwickelt,
wie in der Krise durch ein umfassendes Investitionsprogramm der
anstehende sozialökologische Umbau eingeleitet werden kann.
Gesellschaftliche Investitionsplanung gehört für uns
dazu.
Wir wollen einerseits die sozialen Probleme lösen, indem wir
die ökologischen Fragen angehen. Dazu gehören der
Übergang zu einer dezentralen Energieproduktion und
-versorgung, weitgehende Verlagerung der Transporte auf die Schiene
und Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs bis hin zu
entgeltfreien Angeboten. Wir wollen eine schnelle energetische
Sanierung des Wohnungs- und Gebäudebestandes, um in den
nächsten Jahrzehnten weitgehend CO2-neutrale Städte zu
schaffen. Und wir wollen andererseits die ökologischen Fragen
lösen, indem wir die sozialen Fragen angehen: Gute Arbeit und
gutes Leben stehen dabei im Mittelpunkt, Mindestlöhne, soziale
Sicherheit, Ausbau qualifizierter Dienstleistungen gerade auch im
öffentlichen Bereich (Bildung, Gesundheit, Pflege, Kultur)
– den wichtigsten Beschäftigungsmotoren der Zukunft und
die Basis einer modernen Volkswirtschaft. Dazu müssen wir es
erreichen, daß Umverteilung von oben nach unten und von
privaten zu öffentlichen Haushalten mit diesem
sozialökologischen Umbau verbunden wird und umgekehrt. Auf
dieser Basis wird auch eine wirkliche Friedens- und solidarische
Entwicklungspolitik möglich.
Für einen Richtungswechsel
Noch ist es uns nicht gelungen, diese Forderungen in reale
Bundespolitik zu überführen. Noch immer dominieren die
Interessen der Großkonzerne und der Superreichen. Aber ein
Weiter-So-Wie-Bisher und die Vorherrschaft der Interessen weniger
haben Konsequenzen. Eine neue und tiefere Finanz- und
Wirtschaftskrise zeichnet sich jetzt schon ab. Die Europäische
Union droht, an den ungelösten Widersprüchen und einem
antisozialen Kurs zu zerbrechen. Der weltweite Hunger hat
dramatisch zugenommen, die Erderwärmung beschleunigt sich
immer weiter.
Auf der Ebene der Länder hat die Partei Die Linke angesichts
dauerhafter Massenarbeitslosigkeit insbesondere in den
strukturschwachen neuen Bundesländern schon seit langem das
Projekt eines öffentlich geförderten
Beschäftigungssektors (ÖBS) entwickelt. Dieser Vorschlag
verbindet zwei oft kontrovers diskutierte Ansätze – die
Forderung nach einem Grundeinkommen und die nach der Einlösung
des Rechts auf Erwerbsarbeit. Er zielt erstens darauf, soziale
Sicherheit und die Möglichkeit einer hohen Selbstbestimmung zu
vereinen. Wie viele Projekte im kulturellen und sozialen Bereich
oder auch bei der Entwicklung von neuen Softwareangeboten beweisen,
wählen junge und gebildete Menschen oft Tätigkeitsfelder,
wo sie sehr eigenständig, solidarisch und in Formen der
Selbstverwaltung mit anderen zusammenarbeiten. Nicht selten
entstehen neue Vereine oder auch Genossenschaften. Damit wird
zugleich zweitens ein breites gesellschaftliches Bedürfnis
nach Leistungen befriedigt, die so einfach weder privat noch
staatlich bereitgestellt werden können. Und drittens finden
viele Menschen ohne einen solchen Sektor keinen Weg zu einem
würdigen Leben. Heute gibt es in Berlin und Brandenburg,
Ländern, in denen unsere Partei mitregiert, Tausende Stellen
in diesem Bereich. Gerade weil viele überkommene Formen
sozialer Integration so schwach sind, brauchen wir einen
solidarischen Sektor, wo das Dasein für andere und die eigene
Selbstverwirklichung besonders eng verbunden sind und zugleich
Hilfe geleistet wird für jene, die nur schwer in den ersten
Arbeitsmarkt finden. Gerade jetzt sind wir damit konfrontiert,
daß die Bundesregierung durch neue restriktive Regeln diese
weitreichenden Ansätze wieder zerstören will. Auch dies
ist ein Grund, für einen Richtungswechsel der Bundespolitik zu
kämpfen.
Im Zentrum unserer Politik steht auch weiterhin die Friedensfrage.
Gerade wird die Bundeswehr endgültig aus einer
Verteidigungsarmee auf der Basis der Wehrpflicht in eine
Berufsarmee mit globaler Interventionsfähigkeit ausgebaut.
Dies ordnet sich in die Veränderungen von NATO und
europäischer Sicherheitspolitik ein. Die alte
Kanonenbootpolitik, mit der sich schon Luxemburg und Liebknecht
auseinandergesetzt haben, ist zurückgekehrt. Weil wir eine
solche Politik ablehnen, wird der Linken immer wieder vorgeworfen,
sie entziehe sich der Verantwortung. Ich sehe es genau umgekehrt:
Die wichtigsten Probleme der Gegenwart lassen sich nicht mit
militärischen Mitteln lösen. Deshalb wollen wir,
daß die Bundesrepublik sich vor allem auf zivile Ansätze
zur Konfliktlösung konzentriert und starke regionale Systeme
von gemeinsamer Sicherheit und Entwicklung geschaffen werden.
»Neuland. Tausend Probleme«
Liest man die Schriften und Reden von Rosa Luxemburg aus den
hektischen Monaten der Novemberrevolution, in denen es galt,
möglichst wirksam sozialistisch einzugreifen, dann wird
deutlich: Sie hatte keinen Masterplan und auch keine einfachen
Antworten. Sie war auf der Suche, im Dialog mit anderen, zugleich
außerordentlich ungeduldig und mahnend, sich nicht
hinreißen zu lassen zu Terror und Sektierertum und doch
entschieden zu wirken. Sozialismus war für sie kein fertiges
Ideal, kein genial entworfener Bauplan, sondern etwas, das aus den
realen Kämpfen wachsen würde. Sie schrieb in ihrer
Auseinandersetzung mit Lenin und Trotzki: »Das Negative, den
Abbau, kann man dekretieren, den Aufbau, das Positive, nicht.
Neuland. Tausend Probleme. Nur Erfahrung [ist] imstande, zu
korrigieren und neue Wege zu eröffnen. Nur ungehemmtes,
schäumendes Leben verfällt auf tausend neue
Formen…«
Wie kaum eine andere Sozialistin ihrer Zeit hat Rosa Luxemburg zwei
Ziele miteinander zu vereinen versucht – erstens das Ziel der
Herstellung der gemeinsamen Kontrolle der Arbeiter, des Volkes,
über die gemeinsamen Bedingungen der Produktion des
gesellschaftlichen Reichtums, und zweitens das Ziel
größtmöglicher Freiheit, Öffentlichkeit und
Demokratie. Die zukünftige Gesellschaft war für sie wie
die belebte Natur: die ungeheure Vielfalt und Selbstorganisation,
die sie dort bei ihren Studien und Ausflügen immer wieder
beobachtete. Die Menschen waren ihr niemals Schräubchen im
Getriebe einer neuen perfekten Welt. Sie hatte Ehrfurcht vor dem
Leben in seiner Besonderheit. Der »wahre Odem des
Sozialismus« war für sie die Einheit von
»rücksichtslosester revolutionärer Tatkraft und
weitherzigster Menschlichkeit«.
Wenn Kommunismus das Gemeinschaftliche betont und der Liberalismus
den einzelnen, dann wollte Rosa Luxemburg beides zugleich –
höchstmögliche Gemeinschaftlichkeit bei der Kontrolle
darüber, daß Eigentum und Macht im Interesse aller
gebraucht werden, und größtmögliche Freiheit
individueller Entfaltung, radikaler Kritik und Öffentlichkeit.
Eine Gesellschaft ohne Freiheit wäre für sie nur ein
neues Gefängnis gewesen, so wie ihr eine Gesellschaft ohne
Gleichheit immer nur eine Ausbeutergesellschaft war. Sie forderte
die Herrschaft des Volkes über Wirtschaft und Gesellschaft
genauso ein wie die Freiheit des Andersdenkenden. Sie war radikale
demokratische Sozialistin und konsequente sozialistische
Demokratin. Deswegen konnte der sowjetische Parteikommunismus sich
am Ende genausowenig mit ihr versöhnen wie der
bürgerliche Liberalismus. Beide wurden durch sie provoziert
und lehnten sie letztlich ab. Und genau deswegen ist sie für
die Partei Die Linke eine der wichtigsten Bezugspersonen in der
Geschichte der Arbeiterbewegung.
Freiheit und Sozialismus
Das zwanzigste Jahrhundert war durch Perioden der Entfesselung des
Kapitalismus und seines Übergangs in offene Barbarei und durch
Perioden seiner Zähmung und des Entstehens von –
letztlich noch einmal scheiternden – Gegenentwürfen
gekennzeichnet. Gerade jetzt vollendet sich die Ausdehnung des
Kapitalismus. Er stößt damit an die Grenzen der
irdischen Natur. Die Ressourcenökonomie muß über
die Kapitalakkumulation siegen, wenn es nicht zur ökologischen
Katastrophe kommen soll. Genauso müssen aber auch die sozialen
Rechte von bald sieben bis acht Milliarden Menschen dominieren
über die Verwertungsinteressen transnationaler Konzerne. Einer
Welt, die privilegierte Zentren herausbildet, sich in Festungen
einmauert und globale Unsicherheit verursacht, werden wir nur
entkommen, wenn sich Zusammenarbeit und gemeinsame Entwicklung
durchsetzen. Dafür sind im Entwurf des Parteiprogramms der
Partei Die Linke viele Vorschläge erarbeitet worden. Weitere
sind in der Diskussion. Es sind viele Bausteine, mit denen wir
darum kämpfen, in der heutigen
bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft über sie hinaus
zu wirken, die Profitdominanz über Wirtschaft und Gesellschaft
zu überwinden, die Ansätze einer neuen Gesellschaft
»hineinzupressen« in die alte, bis sich beweist,
daß dem demokratischen Sozialismus die Zukunft
gehört.
* Gesine Lötzsch ist Mitglied des Bundestags und seit
Mai 2010 eine der beiden Vorsitzenden der Partei Die Linke